Ruine der Ankuhner Marienkirche

Frauentor von Aussen um 1780

Frauentor von Außen heute

Frauentor von Innen um 1780

Frauentor von Innen heute

Die Klosterhöfe vor der Stadtzerstörung im Stadtmodell des Heimatmuseums (links unten innerhalb der roten Einfriedung = Stadtmauer)

Situation vor Baubeginn 1999

Reste der Klosterkirche heute

Grosser Klosterhof heute mit Blick auf die Breite

Geschichte des Klosterhofes

 

Vorgeschichte

Der erste Zerbster Stadtherr Richard von Zerbst errichtete möglicherweise schon vor 1200 auf seinem Eigenbesitz im Ankuhn ein Armenhospital. Er folgte damit einer Zeitströmung. Das Gebiet des Ankuhn war damals ein schon relativ geschlossenes Siedlungsgebiet vor den Toren der Stadt.

Diese Gründung wurde im Jahre 1213 durch Bischof Balduin von Brandenburg mit Zustimmung der Brüder Richards von Zerbst, dem Heinrich von Plaue und Gumpert von Wiesenburg sowie im Beisein der drei Zerbster Pfarrer Balduin, Daniel und Vollrad bestätigt.

Richard von Zerbst hatte das Hospital ausreichend ausgestattet. Reinhold Specht benennt in seiner "Geschichte der Stadt Zerbst" die Ausstattung mit "24 Morgen Wiese dicht bei dem Hofe des Hospitals, 1 1/2 Hufe Ackerland, 3 Gärten mit (Obst- ?) Bäumen bei Ankuhn, Getreidegefälle und 2 fette Schweine aus der nahe bei dem Hospital gelegenen Mühle (Ankuhnsche Mühle), den Teich bei dieser Mühle mit der Fisch- und Grasnutzung, ferner Getreidegefälle  aus den Dörfern Hohen- und Niederlepte und aus Stackelitz sowie das Weiderecht in der sogenannten Muchel". Dem Hospital stand ein Provisor vor.

Trotz der guten Ausstattung stand das Hospital bald wieder vor dem Ende.

Die edle Frau Ida, Witwe des Richard von Zerbst, wandelte das Hospital zu unbekannter Zeit in ein Nonnenkloster um. Derselbe Bischof Balduin von Brandenburg bestätigte diese Umwandlung am 09. Juni 1214. Seitdem gilt dieses Datum als Gründungstag.

Wahrscheinlich wurde das Kloster als Versorgungsstätte für die Witwe selbst und die weiblichen Nachkommen derer von Zerbst gegründet.

Die Ankuhner Marienkirche wurde Klosterkirche.

Entwicklung des Klosters

Über die Frühzeit des Klosters kann kein klarer Einblick in das Wirtschaftsleben gegeben werden.

Jedoch entwickelte sich das Vermögen beständig weiter. Schenkungen und Übereignungen von Geld, Zinsanteilen, Grundbesitz und Nutzungsrechten, ja oft auch ganzer Dörfer ließen das Kloster so reich werden, daß es selbst seinen Besitz durch Zukäufe vermehrte.

Umzug des Klosters in die Stadt

Irgendwann zum Ende des 13. Jahrhunderts ließen die Nonnen ein neues Kloster am Ostende der alten Breite-Siedlung errichten. Am 28. Juni 1298 befreite der Zerbster Bürgermeister und der Zerbster Rat das Kloster von den städtischen Abgaben. Dies gilt seitdem als Gründungsdatum. Wenig vor diesem Datum mag der Umzug erfolgt sein.

Wahrscheinlich suchten die Nonnen hinter den neu entstandenen Stadtmauern mehr Sicherheit als draußen im Ankuhn. In deutschen Landen machten die Raubritter mit allerhand Fehden den Menschen das Leben schwer.

Die Nonnen wohnten am neuen Ort um die 250 Jahre. Das alte, am Ende der Breite befindliche Stadttor wurde in Frauentor umgetauft und der Platz vor diesen Tore heißt noch heute Frauentorplatz.

Klosterhof

Zur neuen Klosterkirche St. Marien wurde vom Bischof eine eigene Parochie errichtet.

Diese umfasste das Gebiet der nördlichen Breite von der Mühlenbrücke bis zum Breiten-Tor einschließlich der Frauenmühle und auf der südlichen Straßenseite das Gebiet des heutigen Kleinen und Großen Klosterhofes mit dem Kloster selbst, der Kirche und dem Wirtschaftshof. Namentlich werden auch 9 "nach der Bartholomäikirche hin liegende Hofstellen" genannt.

Vielleicht ist damit das Kleinste Haus von Zerbst auch eines der ältesten. Leider kann dafür kein Beweis angetreten werden. Verbaute Ziegel im Klosterformat können auch aus Abbruchmaterial untergegangener Gebäude stammen. Allerdings ist der Zusammenhang von verbauten Feldsteinen im Bereich der "Schwarzen Küche" , dem riesigen Schornstein im kleinen Haus und die reichliche Verwendung der grossen Ziegelsteine schon bemerkenswert. Auch heben die Ingeneure Gebhardt und Gebhardt in Ihrem Sanierungsvorschlag hervor, dass das Gebäude Großer Klosterhof 8 eines der markantestendes des gesamten Klosterhofes ist: Einmal durch seine geringe Größe von ca 5,60 mal 6,00 m Grundfläche und die nur 2,10 m betragende Traufhöhe. Außerdem ist es das einzige giebelständige Gebäude in diesem Bereich.

Blütezeit

Im Jahre 1309 wurde die Ankuhner Marienkirche der Marienkirche des Nonnenklosters in der Stadt unterstellt. Die alte Mutterkirche wurde Filialkirche.

Die Bedeutung des Klosters für die Stadt stieg beständig an, unterhielt es doch in seiner weltlichen Umgebung umfangreiche Rechts- und Wirtschaftsbeziehungen.  Heute würden wir sagen: Das Kloster entwickelte sich zu einem wirtschaftlichen Schwergewicht der Stadt und des Fürstentums.

Zum Ordensverband der Benediktinierinnen unterhielten die Nonnen aber wohl nur die minimal notwendigen Beziehungen.

Viele Zerbster Bürgernamen tauchen im Verzeichnis der Nonnen und Laienschwestern seit der erstmaligen Erwähnung im Jahre 1315 auf.

Bis etwa zur Mitte des 14. Jahrhundert scheinen im Kloster adlige und bürgerliche Namen gleich stark vertreten. Seitdem überwiegt das Bürgertum.

Oft kamen die Nonnen aus wohlhabenden, zumindest gut situierten Familien und wurden von ihren Familien bei Eintritt in das Kloster gut ausgestattet. Oft verfügten Sie im Kloster weiterhin über Privateigentum. Nach Ihrem Tode fiel dieses Eigentum zum Teil an die Verwandten, aber auch zum Teil an das Kloster und mehrte dessen Vermögen.

Das Vermögen des Klosters vermehrte sich durch diese Vermögensübergänge, aber auch weiterhin durch Schenkungen, Abgaben, Zinsen, An- und Verkäufe.... Es entwickelte sich zum reichsten der drei Zerbster Klöster.

Gegen Ende des 15. Jahrhundert  gehörten dem Kloster 5 Volldörfer und 5 wüste Dorfmarken im Kreis Zerbst, dazu die Holzmark Herzwinkel, ferner zahlreiche Eigenbesitze in der Stadt und den Dörfern des Kreises Zerbst, im Ankuhn, den Kreisen Köthen, Dessau, weiteren Städten des Erzstiftes Magdeburg, im Kreise Jerichow und im Brandenburgischen.

Der Eigenbesitz bestand aus Acker und Wald, Gärten und Wiesen, Mühlen und Häuser, aber auch Pachten, Zinsen, Renten, Zehnten, Dreißigsten, Legaten, Auflassungen und Kapitalien.

Ein großer Teil wurde selbst bewirtschaftet.

1496 wurde der Viehbestand mit 60 Rindern, 100 Schweinen und 620 Schafen angegeben.

1507 ist das zum Kloster gehörende Gesinde, die "familia" mit fast 50 Personen angegeben. Darunter sind Hofmeister, Schreiber, Bäcker, Schreiner, Schirrmeister, Hirten für Pferde, Kühe, Schafe, und Schweine, Futterschneider, Ackerknechte, Förster, Viehmägde.

Für die Eigenversorgung unterhielt das Kloster auf seinem (Kloster-) Hof eine Brauerei, Küchen, Molkenhaus, Ställe, Scheunen, Schäferei, Backhaus, Bierkammer und Badehaus.
 Gemüse wurde meist angekauft.

Dem Kloster gehörten zeitweise 3 bis 4 Mühlen in der Stadt und mehrere Mühlen in anderen Dörfern.

Es erforderte eine gehörige Portion Geschäftstüchtigkeit des Probstes, dieses Vermögen zu verwalten und zu mehren. So waren die Zerbster Pröbste nicht immer für das Kloster zugleich Priester und Seelsorger, sondern öfter bloße Verwaltungsbeamte bzw. bezahlte Manager.

1507 sollen insgesamt 50 Jungfrauen ( Nonnen und Laierschwestern) mit "Speise und Notdurft" zu versorgen gewesen sein. 1538 waren noch 24 Nonnen im Kloster.

Mit dem Kloster war die einzige Mädchenschule der Stadt verbunden (1371 erwähnt). Nachgewiesen ist , dass bereits 1326 Mädchen zur Erziehung im Kloster aufgenommen wurden. Um 1400 ist ein Schulraum im Gebäude der Probstei nachgewiesen.

Reformation und Niedergang des Klosters

Seit Mitte des 15. Jahrhunderts bahnte sich eine schlechtere Stimmung gegen die Kirche und die Klöster an.

Das Streben nach immer mehr Besitz, Bestechlichkeit, ungerechte Verteilung der Einkünfte und Verfall der Sitten in den Klöstern selbst trugen dazu bei.

Das Zerbster Fehmbuch von 1490 berichtet von einer Nonne, sie habe einer Frau aus dem Volke unzüchtige Dinge beigebracht.

Trotz vieler Versuche der Besserung verschlimmerte sich das Ansehen der Klöster weiter. Es mehrten sich feindselige Aktionen gegen die Klöster.

Nach dem Thesenanschlag Martin Luthers am 31. Oktober 1517 in Wittenberg wurden in Zerbst Anfang Mai 1522 die Heiligenbilder vor dem Frauertor und im Ankuhn gestürmt. Mitte März 1523 begann die Stadt Zerbst eine Inventarisation des Nonnenklosters (Erfassung der Vermögenswerte).

Das Klostergut sollte eingezogen werden.

Luther selbst riet zur Aufteilung zwischen Rat und Fürsten. Er riet aber auch, Schulen von diesem Vermögen zu errichten, sowie den Nonnen einen Teil der Einkünfte zum Lebensunterhalt zu belassen.

Am 6. Juni 1525 ging der Rat zur totalen Ausschaltung des Nonnenklosters über. Zwangsweise wurden die Nonnen auf dem Klosterhof versammelt. Ein evangelischer Geistlicher predigte den katholischen Nonnen. Dann wurde ihnen vom Bürgermeister persönlich jegliche katholische gottesdienstliche Handlung verboten und mitgeteilt, dass die eingezogenen Kleinodien des Klosters nicht zurückgegeben werden.

Am 3. Oktober 1525 wiederholte der Rat der Stadt eine solche Aktion. Mitgebrachte Fremde ließ der Rat evangelisch predigen: Seid fruchtbar und mehret Euch. Wer Jungfrauenschaft behalten will, mag es tun, aber wer das nicht will, mag sich verehelichen.

Etliche Nonnen verblieben im Kloster, bis es 1542  fast vollständig abbrannte. Zuletzt lebten 12 alte Nonnen im Kloster. Verletzt wurde beim Brand keine.

Auch Teile des Wirtschaftshofes fielen den Flammen zum Opfer. Das Schlafhaus der Nonnen übersteht den Brand und wird Kornspeicher.

Baustelle und Gründung der Klosterhofgemeinde

Um das große Gelände nach dem Brand nicht brach liegen zu lassen, schrieb der Fürst im Jahre 1546 für seine Untertanen 16 Baustellen auf dem Klosterhofe aus.

Die Baustellen waren schnell vergeben. Die Zerbster aber spekulierten lieber mit den Grundstücken, statt zu bauen.

So wurde die Vergabe ein Jahr später wiederholt. Jeder Ansiedler erhielt Grund, Boden und Bauholz umsonst. Dazu wurde er 3 Jahre lang von allen Abgaben und Diensten befreit. Danach ( ab 1550) wären dem Fürsten der Frondienst, der Stadt die Bürgerdienste und der Kirche St. Bartholomäi der Schoß zu leisten. Die Klosterhofgemeinde mit eigenem Richter entstand am 20.Mai 1550. Sie gehörte zur fürstlichen Freiheit und wurde erst 1849 in die Stadt eingemeindet. Die Hausstellen waren dann auf 60 angewachsen.

Die Bewohner des Klosterhofes entzogen sich später gern weiter den Diensten und Abgaben.

1572 wohnten im Klosterhof 12 Ansiedler. Ihre Anwesen stellten kleine und kleinste Wohnstätten dar, die jeglichen Stil entbehrten und eher Hütten ähnelten. Der Klosterhof entwickelte sich zu einem Viertel der gering bemittelten aber fleißigen Bevölkerung. Viele einfache Berufe waren vertreten.

1595 wurde ein neuer Friedhof vor dem Frauertor eröffnet. Bis zu diesem Zeitpunkt und auch noch später wurden die Toten der Bartholomäigemeinde auf dem Klosterhof begraben.

Entwicklung bis in die Neuzeit

Das vom Brand verschonte Schlafhaus der Nonnen diente lange Zeit als Kornspeicher. Genannt wird in einer alten Chronik das Jahr 1607 und darüber hinaus.

Im Jahre 1728 ließ Fürst Johann August von Anhalt-Zerbst in und bei den alten Kirchenruinen ein Zucht-, Waisen- und Arbeitshaus errichten.

Als Zuchthaus wurde die alte Klosterkirche ausgebaut. Als Waisen- und Arbeitshaus wurde ein neues Gebäude angebaut.

1801 erfolgte die Einrichtung als Zucht- und Zwangsarbeiterhaus für die gesamten Anhalt- Dessauischen Lande

1813 diente das Waisenhaus vorübergehend als Lazarett für die verwundeten Freiheitskämpfer gegen napoleonische Fremdherrschaft.

1865 wurde das Zuchthaus nach Coswig verlegt.

1872 entsteht eine Legende. August Kühne ließ die Schnurren seiner Großmutter aufzeichnen und drucken. In diesem Werk wird ein unterirdischer Gang beschrieben, der irgendwo von den Baulichkeiten des Grundstückes Breite 86 aus  den Zeiten des Nonnenklosters ins ferne Franziskanerkloster auf dem Weinberg verlief. Über diesen Gang sollen sich Nonnen und Mönche zu vergnüglichem Stelldichein getroffen haben.

Im Jahre 1874 kaufte die Stadt das Gebäude des verlassenen Zuchthauses und baute es bis 1879 als Kaserne aus.

1897 wurde diese Kaserne hinter dem Frauentorturm nach Osten hin erweitert. Auch dieser rote Backsteinbau ist heute erhalten und gut sichtbar.

Als Kaserne dienten die Gebäude Teilen des II. Bataillons des Anhaltischen Infanterieregiments Nr. 93 bis zur Errichtung der neuen Kaserne 1907 außerhalb des Heidetores.

Seitdem waren in den vom Militär verlassenen Gebäuden nacheinander oder parallel untergebracht: Ein Jugendheim, Die Kinderkrippe der Bartholomäus- und der Stadtgemeinde, eine Malerschule, die Volksbücherei, der Wandervogel, eine Diakonissenanstalt, ein Museum zum 1. Weltkrieg und anderes.

Im ehemaligen Zucht- Zwangs- und Arbeitshaus wurden nach 1918 Notunterkünfte für die ärmsten Bevölkerungsschichten eingerichtet. Nach 1933 wurden diese zu normalen Wohnungen ausgebaut.

Das neuere Kasernengebäude wurde von 1918 bis 1933 als gewerbliche Fortbildungsschule genutzt.

Ab 1933 wurde auf dem Kasernenhof wieder marschiert. Der NS-Arbeitsdienst zog ein.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde das Gelände erneut als Berufsschule genutzt.

Die Gebäude auf den Klosterhöfen überstanden die Bombardierung 1945 leidlich, wurden repariert und wieder aufgebaut. Allerdings blieben oft nachhaltige Modernisierungen der kleinen und niedrigen Häuser aus. Etliche Häuser wurden verlassen. In den 70 er und 80er Jahren des ausgehenden 20. Jahrhundert wurde der Verfall ganzer Straßenzüge offensichtlich.

Seit dem 18.05.1994 sind die Klosterhöfe Teil des innerstädtischen Sanierungsgebietes.

Seitdem sind einige Gebäude gerettet wurden. Oft regierte jedoch Abriß und Neubau. Die Straßen sind weiterhin in desolatem Zustande. Jedoch ist Besserung versprochen.

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